Zahlreiche Kunden der insolvent gegangenen BEV müssen noch um Boni von 100 bis 200 Euro streiten, die ihnen der Insolvenzverwalter verweigert. Dagegen geht der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit einer Musterklage vor. Als betroffener Kunde der BEV können Sie sich kostenlos für eine Teilnahme an der Klage anmelden.
Der vzbv rät Betroffenen dringend dazu, sich frühzeitig anzumelden. Die Anmeldung kann bis zur mündlichen Verhandlung auch wieder zurückgenommen werden.
Der Hintergrund: Die BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH hatte im Jahr 2018 mit preisgünstigen Strom- und Gaslieferverträgen geworben. Der Preisvorteil ergab sich vor allem aus einem Neukundenbonus von bis zu 25 Prozent des Jahresverbrauchs bei Vertragsabschluss. So gewann der Versorger eine sechsstellige Zahl an Kunden.
Doch nun wird den ehemaligen Kunden der BEV dieser Bonus im Insolvenzverfahren nicht angerechnet. Der vzbv klagt daher stellvertretend für alle Betroffenen gegen den Insolvenzverwalter des Energieversorgers.
„Die BEV hat Verbraucher mit dem Werbeversprechen eines Neukundenbonus gelockt. Durch die Insolvenz ging die vorzeitige Beendigung des Vertrags vom Energieversorger aus, nicht vom Kunden. Daher gibt es keinen Grund, den Kunden den Bonus vorzuenthalten. Die Forderungen zur Nachzahlung des Insolvenzverwalters sind unhaltbar“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv. Mit der Musterfeststellungsklage möchte der vzbv Klarheit für Verbraucher schaffen.
Oberlandesgericht hält die Klage für begründet
Das Oberlandesgericht München hat Ende April in einem Hinweisbeschluss erklärt, dass es die Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) nach vorläufiger Auffassung für begründet hält.
Der zuständige Senat teilte mit, er neige nach dem Ergebnis der Vorberatungen der Auffassung zu, dass es sich bei dem Neukundenbonus um einen unselbständigen Rechnungsposten handelt, der zu Gunsten der Verbraucher anzurechnen ist. Weder aus der Mitteilung der vertragsrelevanten Daten noch aus den AGB ergebe sich, dass die Anrechnung des Bonus nur in Betracht kommt, wenn der jeweilige Kunde mindestens ein Jahr beliefert worden ist.
Auch wenn ein Urteil frühestens am 21. Juli 2020 zu erwarten ist, sind die aktuellen Äußerungen des Gerichts eine positive Nachricht für geschädigte Verbraucher. Sollte der Senat an seiner vorläufig geäußerten Auffassung festhalten, bedeutet dies, dass der Insolvenzverwalter die Endabrechnungen um den Neukundenbonus kürzen muss, obwohl die Verbraucher nicht für die gesamte Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr beliefert wurden.
Was Betroffene jetzt wissen müssen:
- Verbraucher können sich noch bis zum 20. Juli 2020 zur Musterfeststellungsklage anmelden. Dies ist ausschließlich durch einen Eintrag im Klageregister möglich. Wenden Sie sich dafür bitte an das Bundesamt für Justiz.
- Die mündliche Verhandlung wird am 21. Juli 2020 stattfinden.
- Weitere Einzelheiten zur Klage, zum Hinweisbeschluss und Informationen zur Eintragung finden Sie auf der Website des Bundesamtes für Justiz sowie auf www.musterfeststellungsklagen.de
- Der vzbv stellt einen Klage-Check bereit. Mit seiner Hilfe können Verbraucher einschätzen, ob ihr Fall zu dieser Klage passt.
Auf der Endabrechnung fehlt der Neukundenbonus
Der Insolvenzverwalter verschickte Endabrechnungen und forderte Verbraucher zur Nachzahlung auf. Er argumentiert, dass der Bonus nur dann zugunsten der Kunden zu berücksichtigen sei, wenn die Mindestvertragslaufzeit von zwölf Monaten eingehalten wurde.
So lange wurden viele Kunden aber gar nicht beliefert, weil der Energieversorger schon im Januar 2019 Insolvenz angemeldet hat. Bekannt wurde dem vzbv der Sachverhalt durch die Marktbeobachtung der Verbraucherzentralen. Im Beschwerdepostfach der Marktwächter gingen zahlreiche Beschwerden von Verbrauchern zu dem Energieversorger ein.
Der vzbv ist der Auffassung, dass der Bonus den Kunden zusteht – und zwar unabhängig davon, ob sie ein Jahr lang beliefert wurden. Dies soll das Oberlandesgericht München feststellen.
Der Neukundenbonus beträgt häufig zwischen 100 und 200 Euro. „Die wenigsten Verbraucher wollen verständlicherweise wegen dieses Betrages die Kosten und Mühen einer eigenen Klage auf sich nehmen. Deswegen klärt der vzbv mit der Musterfeststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter die strittigen Fragen. Betroffene müssen damit kein Prozesskostenrisiko auf sich nehmen. Das übernimmt der vzbv. Gleichzeitig werden dadurch die Gerichte entlastet“, so Klaus Müller, Vorstand des vzbv.
Inzwischen hat das Gericht die Klage zugelassen und den ersten mündlichen Verhandlungstag auf 21. Juli 2020 festgelegt. Auch das Klageregister ist nun eröffnet. Jetzt können Sie sich also in das Register eintragen und sich damit der Klage anschließen.